Jetzt ist es wirklich so weit - das erste halbe Jahr ist vorbei und alles in mir ruft: ich will hier nicht weg!
Ja ich weiß, es ist noch lange nicht die Zeit, mich aufs Gehen vorzubereiten und doch. Die vergangenen sechs Monate sind nur so an mir vorbei geflogen. Ich erinner mich noch daran, wie mir als Kind sechs Wochen Sommerferien wie ein halbes Leben vorkamen. Oder wie ich letzten Sommer kurz vor dem Abschied von zu Hause stand, und ein unendlich langes ganzes Jahr vor mir lag. Und jetzt kommen mir sechs Monate vor wie ein Augenblick - ein wunderbarer Augenblick.
Es passiert einfach jeden Tag, jede Stunde und sogar jede Minute irgendetwas Neues oder Besonderes, dass ich gar nicht mehr damit hinterherkomme, jeden einzelnen Moment richtig wertzuschätzen. Es ist das Gefühl, jeden Moment am liebsten fünf Mal erleben zu wollen, um sich dessen auch wirklich bewusst zu sein. Aber alles fliegt einfach so an mir vorbei, genau wie die Zeit. Ich fühl mich wie ein Kind, das durch eine Süßigkeitenfabrik rennt und dabei versucht, möglichst viel aus den Regalen mitzunehmen, ohne stehen bleiben zu können (...um auch mal ne Metapher mit einzubauen).
Ein Jahr ist, zeitlich gesehen, nichts. (Warum wurden eigentlich die zweijährigen Freiwilligendienste abgeschafft?) Und ich bin sicher, dass die zweite Hälfte des Jahres dank Sommer, viel
Besuch und vielen Ausflügen, noch schneller vorbei gehen wird. Und dann? Einfach so weg von hier? Im Moment unvorstellbar für mich. Ich liebe das Haus, meine Arbeit, die Menschen hier, Amsterdam und alles was damit zusammenhängt so sehr, und ich glaube, ich war mir noch nie im Leben so sicher, das Richtige zu tun. Wenn ich eine Wahl hätte, dann würde ich ohne zu zweifeln oder zu zögern noch ein Jahr hier bleiben.
Da das aber nicht zur Debatte steht, muss ich wohl anfangen, mich damit abzufinden, dass es eben EIN freiwilliges soziales Jahr ist. Dennoch wird mir der Gedanke, eventuell hier zu studieren, immer sympathischer.
Ganz abgesehen davon, hat sich auch meine Einstellung den Bewohnern gegenüber (zeitweise?) ein bisschen geändert. Eigentlich konnte ich immer erstaunlich gut auch mit dem Leid um mich herum umgehen, und das alles nicht zu sehr an mich heranlassen. Aber seitdem ich gesehen habe, wie schnell sich eine Situation ins positive Verändern kann, und wie es für machne Bewohner endlich bergauf geht, wünsche ich mir das viel stärker auch für alle anderen. Sprich, ich würde im Moment lieber die Welt retten, anstatt kleine Schritte zu gehn. Und irgendwie fühlt man sich auch schuldig, weil man diese Probleme, die hier das ganze Leben eines Menschen bestimmen, nie hatte.
Liebste Caro,
AntwortenLöschenich sitze hier ungefähr 11.000 km von dir entfernt und du hast so unglaublich recht.
Mir gehts genauso, obwohl ich mal wieder im halbe-stunde-takt aufs Klo renne- aber alles scheißegal, ich will bleiben und es geht nicht.
Ich wünsche dir noch ganz viele tolle Erfahrungen und Momente in der kommenden Zeit und....du weißt nie was passiert, denn wenn du willst, ist alles möglich ;)
un abrazo de arequipa a amsterdam, ich fühle mit dir!