Wie manche von euch ja bereits wissen, befinde ich mich im Moment in Hirschluch bei Berlin auf einem 1-Wöchigen Vorbereitungsseminar für meinen anstehenden Freiwilligendienst, zusammen mit 130 anderen Freiwilligen. Der Grund, warum ich jetzt doch trotz straffem Zeitplan und kaum Möglichkeit, sich länger frei zu nehmen, doch einen Blogeintrag verfasse, ist eine Erfahrung, die ich gerade in meiner PAG (Projektspezifische Arbeitsgruppe, 9 Freiwillige aus dem Projektbereich „Arbeit mit sozial benachteiligten Menschen“ + Teamerin) machen durfte.
Siine, unsere Teamerin, hatte für jeden eine Situation vorbereitet, die uns in unseren jeweiligen Projekten begegnen könnte, die wir dann gemeinsam nachgespielt haben. In meinem Fall bedeutete das: Ich werde von Flüchtlingen während meiner Pause gestört, weil sie meine Hilfe brauchen & sie lassen nicht locker. Was mir schlagartig bewusst wurde, als ich das mit 2 anderen improvisierte, ist, dass ich absolut nicht „nein“ sagen kann. Vor allem nicht, wenn mich jemand um Hilfe bittet, und sei es nur so eine banale Sache, wie mal schnell nach der Internetverbindung zu sehen. Mir ist es verdammt schwer gefallen, z.B. auf einen anderen Helfer zu verweisen und deutlich zu machen, dass ich gerade Pause habe und dass diese auch respektiert werden muss. Aber genau das ist sehr wichtig, vor allem, weil ich in einer Lebensgemeinschaft arbeiten & auch wohnen werde. Ich bin Tür an Tür mit „meinen“ Klienten und damit auch 24 Stunden abrufbereit. Da eine Grenze zu ziehen, und meine Privatsphäre zu schützen wird eine Herausforderung sein. Wobei ich mich kenne und mir fast sicher bin, dass ich anfangs wahrscheinlich immer gleich bereit sein werde zu helfen. Aber ich bin ja kein Supermensch und freue mich darauf, auch solche Dinge während meines Freiwilligendienstes zu lernen.
Ansonsten ist es hier sehr angenehm, das Essen ist geschmacklich deutlich über dem Jugendherbergen-Standard und wir Freiwilligen untereinander verstehen uns auch echt gut – schade, dass ich manche wahrscheinlich nie wieder sehen werde. Auf jeden Fall feiern wir abends kontinuierlich & ausgiebig unsere letzten Tage, bevor der „Arbeitsalltag“ beginnt (wenn nicht gerade alle vom Vorabend & Tag so müde und kaputt sind und um halb 1 ins Bett gehen :D). Trotz aller Vorfreude auf Amsterdam würde ich es hier sicherlich noch eine Weile aushalten.
Aber nicht dass der Eindruck entsteht, das Vorbereitungsseminar besteht nur aus Feierei – tagsüber ist hier volles Programm, das uns in jeder Hinsicht gut auf das kommende Freiwilligenjahr vorbereitet. Gestern waren wir zum Beispiel im Haus der Wannseekonferenz & hatte dort ein eindrückliches Zeitzeugengespräch, mit einer Frau jüdischen Glaubens, die damals nach Theresienstadt gebracht wurde, und deren Mutter & Bruder in Auschwitz getötet wurde. Danach folge eine Führung durchs Haus und durch die Zeit des Nationalsozialismus.
Nun wird sich manch einer Fragen, was das jetzt mit meinem Freiwilligendienst zu tun hat. Dazu muss man wissen dass meine Entsendeorganisation Aktion Sühnezeichen Friedensdienste 1958 aus der Idee geboren wurde, mit einem Freiwilligendienst in einem vom 2. Weltkrieg betroffenen Land, als Deutsche/r um Versöhnung zu bitten und einen Schritt Richtung Frieden zu machen. Heute geht es vor diesem Hintergrund auch um die Aufrechterhaltung des Friedens aber auch das Nicht-Vergessen. Deswegen sind unsere Freiwilligendienste auch eng verknüpft mit dem Thema des Nationalsozialismus – ein Grund, warum ich mich für diese Organisation entschieden habe.
Bevor es soviel Text wird, dass die Hälfte von euch keine Lust hat weiterzulesen, beende ich das Ganze vorerst hier. Ein neues Update von mir gibt es dann höchstwahrscheinlich erst ab dem 11. September, wenn ich in Amsterdam angekommen bin.
Mit lieben Grüßen & dennoch einem bisschen Heimweh..
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